Stellungnahmen

Stellungnahme zum Entwurf des SanInsFoG

Grundsätzliches

Der BDIU begrüßt, dass mit dem Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) ein neuer und verbesserter Rechtsrahmen zur Ermöglichung insolvenzabwendender Sanierungen außerhalb gerichtlicher Insolvenzverfahren geschaffen werden soll. Hiervon können überschuldete Unternehmen und ihre Gläubigerschaft gleichermaßen profitieren. Außergerichtliche Einigungen auf diese Weise zu stärken, ist ein guter Ansatz.

Das Verfahren zur Sanierung von Unternehmen (Planverfahren) für überschuldete und drohend zahlungsunfähige Unternehmen kann Unternehmen neue Anreize bieten, sich frühzeitiger und offener mit der eigenen finanziellen Schieflage zu befassen und sich Unterstützung bei der Restrukturierung zu suchen. Auf unternehmerischer Ebene können Verschuldungsprozesse so entschleunigt werden, was Gläubigern Gelegenheit und Anreize gäbe, frühzeitig, außergerichtlich und gemeinsam mit dem Schuldner Maßnahmen zur Wahrung ihrer sowie der gemeinsamen Interessen einzuleiten.

In diesem entscheidenden Aspekt, der Stärkung außergerichtlicher Einigungsprozesse, ist vorliegender Entwurf deutlich besser und – mit Blick auf allgemeine gesetzgeberische Ziele - konsequenter als der im Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte verfolgte Ansatz.

Das Vorhaben, Sanierungsverfahren nun durch ein neues Unternehmensstabilisierungs- und -Restrukturierungsgesetz (StaRUG) neu aufzustellen und ihm so mehr Relevanz und Geltung zu verleihen, unterstützen wir deshalb grundsätzlich.

Ob allerdings die Entscheidung, das Sanierungsverfahren als eigenständiges, vor allem aber sehr komplexes Verfahren zu gestalten, tatsächlich dazu beitragen wird, (drohend) zahlungsunfähige Unternehmen dazu zu ermuntern, im Rahmen des Sanierungsverfahrens stärker und frühzeitiger mit den Gläubigern zu kooperieren, bleibt abzuwarten und wird eher bezweifelt. Die Ausgestaltung des Sanierungsverfahrens als „Insolvenzverfahren light“, die den Unternehmen zahlreiche zusätzliche Verwaltungsaufgaben aufbürdet, könnte in der Praxis eher abschreckende Wirkung haben und damit dem Ziel des StaRUG entgegenstehen.

Dennoch können wir nachvollziehen, dass die Folgen der COVID-19-Pandemie Anlass für eine schnelle Umsetzung der weiteren Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1023) geben. Auch wenn der vorliegende Referentenentwurf es u.a. zum Ziel erklärt hat, solide vorbereitete Sanierungsvorhaben zu stärken, die Gläubigern auch grundsätzlich zugutekommen, möchten wir der Vollständigkeit halber nochmals anmerken, dass – da durch das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (BT-Drs. 19/21981) auf Gläubigerseite bereits Einbußen entstehen werden – insgesamt darauf geachtet werden sollte, dass Gläubiger, etwa durch die Einfügung der von § 245a InsO-E vorgesehenen Regelung oder durch die Erhöhung der Vergütung der Insolvenzverwalter, nicht noch weiter beschränkt werden. Die diesbezüglichen Angaben zum Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft halten wir zudem für nicht realistisch.

Weil wir die Positionen der von DIHK, BGA, BDI, ZDH, HDE, bdew und ZGV gemeinsam getragenen Stellungnahme zum vorliegenden Referentenentwurf unterstützen, möchten wir ergänzend dazu nur die folgenden wenigen Anmerkungen sowie Änderungs- bzw. Ergänzungsvorschläge anbringen.

Bewertung und Vorschläge zu einzelnen Vorschriften des SanInsFoG

  1. Artikel 1 - § 55 StaRUG
    Es ist unklar, ob bezüglich der in § 55 Abs. 1 und Abs. 2 StaRUG definierten Abweisungsgründe ein Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Das Gesetz enthält keine Regelung darüber, wie dem Gericht die Umstände bekannt werden sollen, die zu einer Abweisung des Restrukturierungsplanes gemäß § 55 Abs. 4 StaRUG führen. Wir regen daher an, den § 55 StaRUG um einen weiteren Absatz zu ergänzen, der klarstellt, dass bezüglich der Überprüfung der Umstände nach § 55 Abs. 1 und Abs. 2 StaRUG der Amtsermittlungsgrundsatz gilt.
  2. Artikel 5, Nummer 33 - § 245a InsO
    Wir lehnen aus Gläubigersicht die Regelung des § 245a InsO-E klar ab. In Anbetracht der weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens ist die Regelung nicht akzeptabel. Sie stellt, neben den Nachteilen, die durch die Verkürzung der Entschuldungsfrist entstehen werden, eine weitere Schlechterstellung der Gläubiger durch die Insolvenzordnung dar – entgegen dem Ziel, das mit der Insolvenzrechtsreform von 20141 verfolgt wurde. Man kann davon ausgehen, dass Schuldner jede Verschlechterung ihrer Vermögensverhältnisse freiwillig mitteilen und auf deren Berücksichtigung bestehen wird. Schuldnern muss daher zuzumuten sein, ihre Einkommens-, und Vermögensverhältnisse regelmäßig offen zu legen, damit die Gläubiger an einer eventuellen Verbesserung partizipieren können. Dies entspricht – in einer Gesamtabwägung mit anderen Gesetzen, die die Gläubiger betreffen – nur sach- und interessengerecht. § 245 a InsO-E sollte daher ersatzlos gestrichen und nicht Bestandteil des Gesetzes werden.
  3. Der Entwurf im Zusammenhang zur "Schuldrechtsrelevanten" Gesetzgebung (Insbesondere Artikel 6 betreffend)
    Auch die Anhebung der Vergütungssätze im Insolvenzverfahren nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) zeigt deutlich, dass die Benachteiligung der Gläubiger zugunsten anderer am Verfahren Beteiligter regelmäßig problemlos in Kauf genommen wird. Eine höhere Vergütung der Insolvenzverwalter schmälert die Insolvenzmasse, die an die Gläubiger verteilt werden kann. Wir sehen in diesem Gesetzgebungsverfahren, wie auch in verschiedenen anderen Gesetzgebungsverfahren, eine einseitige Berücksichtigung anderer Interessengruppen zu Lasten der Gläubigerseite. Dem Gläubiger sollen mit dem laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht mehr Informationspflichten auferlegt, gleichzeitig die Möglichkeit der außergerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche aber dadurch erschwert werden, dass je nach Höhe der offenen Forderung eine wirtschaftlich auskömmliche Forderungsbeitreibung durch externe Rechtsdienstleister nicht mehr möglich ist. Gleichzeitig sollen die Gerichtskosten, auch für den Mahnbescheid bei kleineren Forderungen erhöht werden. Dass nun mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben schließlich die Quote, die ein Gläubiger einer Forderung aus Sanierung oder Insolvenz erhält, dadurch verringert wird, dass die Vergütung nach der InsVV erhöht wird, „rundet“ das Bild ab. Im Fazit ist derzeit zu erkennen, dass das „Minus“ auf der Gläubigerseite deutlich anwächst, so dass wir stark befürchten, dass ein immer größerer Schaden für die Wirtschaft entsteht, in letzter Konsequenz es zu nicht absehbaren volkswirtschaftlichen Umstellungen kommen wird.