Stellungnahmen

Stellungnahme zum Entwurf eines Gerichtsvollzieherschutzgesetzes

Mehr Schutz für Gerichtsvollzieher vor gewalttätigen Übergriffen bei der Ausübung von Vollstreckungshandlungen ist erforderlich. Auch unsere Mitglieder beobachten in den vergangenen Jahren eine Zunahme von physischen wie psychischen Übergriffen durch Schuldner. Deshalb unterstützen wir die gesetzgeberischen Maßnahmen, die der Sicherheit der Gerichtsvollzieher dienen werden, nicht nur – wir unterstreichen ihre Erforderlichkeit und Dringlichkeit.

Insbesondere die neuen Pfändungsgrenzen im Bereich Bargeld und Alterssicherung würden allerdings die Durchsetzung berechtigter Ansprüche auf dem Gerichtswege bzw. im Rahmen der Zwangsvollstreckung erheblich schwächen. Dies ist vor allem deshalb nicht nachvollziehbar, weil im Zuge des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht bereits der außergerichtliche Forderungseinzug erhebliche Schwächungen erfahren hat, die aus Sicht des Gesetzgebers aufgrund der Effizienz der gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung jedoch für Gläubiger zu verkraften seien. Die nun in einigen Detailfragen des vorliegenden RefE vorgenommene Interessenabwägung zwischen Schuldnern und Gläubigern ist leider einseitig zulasten der Gläubiger verzerrt.

Deshalb nehmen wir im Folgenden zu einzelnen Änderungen der zwangsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften Stellung.

Zu Artikel 1 Nummer 4 – Neuregelung zur weiteren Vermögensauskunft nach § 802d Absatz 1 Satz 1 und 2 ZPO-E

Mit der Neuregelung des § 802d Absatz 1 Satz 1 und 2 ZPO-E soll klargestellt werden, dass die Vermögensauskunft nicht in dem Verfahren abgegeben worden sein muss, in dem man die Drittauskünfte beantragt.

Diese Klarstellung ist hilfreich, denn sie verschlankt die Abläufe in der Zwangsvollstreckung und ist entsprechend zu begrüßen.

Zu Artikel 1 Nummer 5 – Neuregelung zu den Auskunftsrechten nach § 802l ZPO-E

Der Entwurf sieht vor, dass Auskünfte nach § 802l ZPO bereits dann eingeholt werden können, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft innerhalb der letzten drei Monate in einem anderen Vollstreckungsverfahren nicht nachgekommen ist. Auch diese Anpassung verschlankt Abläufe, führt zu Kostenersparnissen für Gläubiger und wird daher unterstützt.

Drittauskünfte sollen auch eingeholt werden können, wenn die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft wegen unbekannten Aufenthalts des Schuldners nicht zugestellt werden konnte. Dies soll allerdings nur dann möglich sein, wenn der Zustellungsversuch an eine Anschrift erfolgte, die vor nicht mehr als einem Monat ermittelt worden ist.

Auch diesen Vorschlag begrüßen wir ausdrücklich, weil er zur Reduzierung der Kosten und vor allem zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen würde.

Zu Artikel 1 Nummer 6 – Neuregelung der Schutzvorschrift des § 811 ZPO-E

Die für die Pfändung von Sachen und Tieren zentrale Schutzvorschrift des § 811 ZPO soll an veränderte rechtliche und wirtschaftliche Gegebenheiten sowie gewandelte gesellschaftliche Anschauungen angepasst werden.

Wir erkennen die damit einhergehende deutliche Vereinfachung der Regelung an, kritisieren aber die vorgesehene Unpfändbarkeit von Bargeld bis zu einem Betrag von 300 Euro nach § 811 Abs. 1 Nr. 3 ZPO-E.

Begründung:

Die Vorschrift für Gerichtsvollzieher, dem Schuldner bedingungslos 300 Euro Bargeld pfändungsfrei zu belassen, würde die Erledigung kleinerer Forderungen erheblich erschweren. Das wäre – nach der besonders drastischen Reduzierung der erstattungsfähigen Rechtsverfolgungskosten bei der außergerichtlichen Einziehung kleiner Forderungen durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht – die nächste dramatische Schwächung der Durchsetzung kleinerer Ansprüche.

Dabei steht die Etablierung dieses Pfändungsfreibetrags schon seiner eigenen Begründung entgegen. Die Pfändungsfreigrenze für Bargeldbeträge verkennt, dass die heutigen Lebensumstände und Kaufgewohnheiten, insbesondere im Onlinehandel mit den zahlreichen Vertragsschlüssen über kleine Summen, die Anzahl beizutreibender kleiner Forderungen nach wie vor exponentiell ansteigen lässt. Allein im Inkassogeschäft betrifft mindestens jede zweite der jährlich 20 Millionen Forderungen einen Gläubigeranspruch von unter 300 Euro. Bedenken der Wirtschaft, die Realisierung derartiger Kleinforderungen würde durch die Reduzierung der erstattungsfähigen Rechtsverfolgungskosten der Gläubiger im außergerichtlichen Beitreibungsprozess nahezu unmöglich gemacht, wurden vom Gesetzgeber mit dem Verweis auf die Möglichkeiten der gerichtlichen Realisierung beiseite gewischt. So ist eine Zunahme der gerichtlich oder im Zuge der Zwangsvollstreckung zu erledigenden Forderungen wenn nicht gar Ziel des Gesetzgebers, dann doch tolerierter Nebeneffekt der zahlreichen „schuldrechtlichen“ Gesetzesanpassungen dieser Legislatur. Insofern erscheint die Etablierung des 300 Euro Pfändungsfreibetrags für Bargeld nicht stringent und stünde konträr zu den berechtigten Interessen der Masse der Gläubiger an einer funktionierenden Anspruchsdurchsetzung.

Zu Artikel 1 Nummer 14 – Neuregelung des Pfändungsschutzes von Altersrenten nach § 851c ZPO-E

Die Intention des Gesetzgebers, die Pfändungsfreigrenzen bezüglich der Alterssicherung an die geänderten Lebensumstände anzupassen, sind nachvollziehbar und dem Grunde nach nicht zu kritisieren. Allerdings ist der Sprung zwischen den bisher vom Gesetz festgesetzten unpfändbaren Beträgen und den nunmehr vorgesehenen pfändungsfreien Beträgen, insbesondere in der Altersklasse von 18 bis 27 Jahren, unverhältnismäßig groß. Beträgt der pfändungsfreie Betrag bei einem jungen Erwachsenen von beispielsweise 24 Jahren bisher 2.000 Euro, so soll dieser in Zukunft 6.000 Euro betragen. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, warum die bisherige Unterteilung in sechs Altersgruppen auf lediglich zwei Altersgruppen reduziert wurde. Eine stärkere Differenzierung der Altersgruppen ließe eine Erhöhung der Pfändungsfreigrenze bei gleichzeitig geringerer Benachteiligung der Gläubiger zu.

Wir schlagen daher eine stärkere Differenzierung durch Einfügung einer weiteren Altersgruppe vor.

Begründung:

Die Rechte der Gläubiger sollen in nicht unverhältnismäßigem Ausmaß beschränkt werden. Unser Vorschlag fällt deutlich differenzierter aus und würde zu einem besseren Interessenausgleich führen.