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Unsere Verantwortung für jüdisches Leben

Stolpersteine vor der Geschäftsstelle des BDIU

Heute jährt sich zum 85. Mal der Tag der Reichspogromnacht. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zündeten Nationalsozialisten – oft unter Beifall und mit Unterstützung aus der Nachbarschaft – tausende Synagogen an, zerstörten jüdische Geschäfte, töteten Hunderte Jüdinnen und Juden. 

Während wir der Vergangenheit erinnern, dürfen wir die Gegenwart nicht außer Acht lassen. Nicht erst die vergangenen Tage und Wochen seit den fürchterlichen Massakern am 7. Oktober 2023 an jüdischen Menschen, Israelinnen und Israelis zeigen in erschütternder Weise:

Jüdisches Leben ist bis heute auch in Deutschland nicht „normal“ möglich. Menschen jüdischen Glaubens verstecken in der Öffentlichkeit ihre identitätsstiftenden Symbole, Orte jüdischen Glaubens und Zusammenseins stehen rund um die Uhr unter Polizeischutz, jüdische Menschen leben unter uns mit der Angst, Opfer von Gewalt und Diskriminierung zu werden. Es ist traurige Realität: Jüdisches Leben kann in Deutschland fast ausschließlich außerhalb der Sphäre der Öffentlichkeit stattfinden – Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen ist eine akute Gefahr für jüdische Menschen und jüdisches Leben. Das darf unsere Gesellschaft nicht hinnehmen.  

Der 9. November ist ein Tag des Gedenkens, der uns in Deutschland unsere besondere Verantwortung für jüdisches Leben in der Gegenwart verdeutlicht. Der 9. November zeigt uns, in welche Katastrophe der Antisemitismus führt. Was spätestens in der Reichspogromnacht vor 85 Jahren begann, führte in die Menschheitskatastrophe des Holocaust, der Shoa, bei der sechs Millionen jüdische Menschen systematisch ermordet und vernichtet wurden.

Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BDIU-Geschäftsstelle, werden täglich auf dem Weg zur Arbeit daran erinnert.

Drei Stolpersteine erinnern an die Familie Kroner, das Ehepaar Arthur und Charlotte mit Tochter Meta, die bis in die 1940er Jahre an dem Ort gearbeitet hat, an dem sich heute die BDIU-Geschäftsstelle befindet.

Im Dezember 1942 wurde die Familie Kroner durch öffentliche Bekanntmachung im „Reichsanzeiger“ offiziell enteignet. Tochter Meta, wurde entweder bereits 1941 oder 1942 am Berliner Alexanderplatz verhaftet und in ein Berliner Gefängnis verschleppt. Von dort wurde sie am 26. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Die Tochter in den Händen der Nazis, das Eigentum und die Geschäftsgrundlage enteignet, gedemütigt, verzweifelt und in allgegenwärtiger Angst sahen sich die Eheleute Charlotte und Arthur Kroner letztlich in den Tod getrieben. Charlotte nahm am 31. Januar 1943 Gift. Ihr Mann Arthur tat es ihr gleich: Er starb am 2. April 1943.

Die gesamte überlieferte Geschichte der Familie Kroner, die exemplarisch für die vielen Millionen ermordeten jüdischen Menschen steht, können Sie hier auf der Website der Stolpersteine nachlesen.

Auch Erich Romann lebte an dem Ort, an dem heute die BDIU-Geschäftsstelle sitzt. Der Kaufmann vergiftete sich unter dem Druck des Nazi-Regimes am 25. Juli 1937. Die überlieferte Geschichte von Erich Romann finden Sie hier.

Es darf niemals vergessen werden, wohin Antisemitismus führt. Die Geschichten von Arthur, Charlotte und Meta Kroner sowie von Erich Romann stehen dabei beispielhaft für das Schicksal von sechs Millionen Menschen. So etwas darf nie wieder passieren. Dafür sind wir verantwortlich.