Stellungnahmen

Stellungnahme zum Bericht des instituts für finanzdienstleistungen e.V.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 17. April 2018 den Bericht „Evaluierung der inkassorechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ auf seiner Homepage veröffentlicht.

Mit der Evaluierung der inkassorechtlichen Vorschriften des Gesetzes hatte das BMJV das Institut für Finanzdienstleistung e.V. (iff) beauftragt.

Der BDIU begrüßt ausdrücklich, dass das BMJV das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ (GguG) evaluiert.

Jedoch muss die Evaluierung als gescheitert betrachtet werden, denn:

  • Gegen das iff besteht die begründete Besorgnis der Befangenheit.
  • Der Bericht des Instituts leidet an eklatanten methodischen und inhaltlichen Fehlern.
  • Die vom iff gemachten Vorschläge sind nicht nur untauglich zur Problemlösung, sondern widersprechen elementaren Grundsätzen der Rechtssystematik und sind zudem in Teilen verfassungs- und europarechtswidrig.

Der iff-Bericht beruht zudem auf einer unzureichenden Anzahl von untersuchten Fällen.

Aus der Betrachtung einer Betroffenheitsgruppe wird – statistisch unhaltbar – auf die Gesamtgruppe geschlossen. An rechtstatsächlichen Untersuchungen und der Feststellung der Vergleichsparameter fehlt es völlig.

Der Evaluierungsbericht befasst sich im Ergebnis nur mit einzelnen Symptomen einer geringen Zahl von verschiedenen Beschwerden, die auch nur zu einem Bruchteil als begründet anzusehen sind. Die nötige Klärung grundsätzlicher Fragen der Erbringung von Inkassodienstleistungen unterbleibt.

Das kann schon vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht alleinige Grundlage für ein weiteres gesetzgeberisches Handeln sein. Der BDIU erlaubt sich deshalb, nach der Stellungnahme zu dem vorliegenden iff-Bericht einige grundsätzliche Fragestellungen aufzuwerfen, die nach dem hiesigen Verständnis vor einem erneuten gesetzgeberischen Handeln beantwortet werden müssen. Dies wird mit einem Vorschlag zum weiteren Vorgehen verbunden.

Zusammenfassung

  1. Es bedarf einer Diskussion, wann eine Inkassodienstleistung seriös ist und wann unseriös. Verhaltensweisen innerhalb des rechtlichen Rahmens dürfen in einem Rechtsstaat nicht als unseriös qualifiziert werden. Um darauf aufbauend Ursachen und nicht Symptome von bezeichneten Zielkonflikten zu bekämpfen, bedarf es der Definition des Berufsbildes eines Inkassounternehmers und der hieraus abzuleitenden Berufspflichten unter Abwägung von Gläubiger- und Schuldnerinteressen. Darauf kann ein gestuftes und damit auch wirksames Sanktionssystem aufgesetzt werden, das von einer zentralen Aufsichtsbehörde durchgesetzt werden sollte. Jedes andere Vorgehen wird verfassungsrechtlich keinen Bestand haben. Die Umsetzung dieses Vorhabens kann auch durch einen Code of Conduct erfolgen oder unterstützt werden, der seinerseits – wie jedes gesetzgeberische Handeln – Ergebnis eines Diskurses der Beteiligten und Betroffenen sein muss. Neben rechtstatsächlichen Untersuchungen ist deshalb unter Führung des BMJV ein Format zum institutionalisierten Dialog zwischen Vertretern der Wirtschaft (Gläubiger), der Verbraucherzentralen, der Schuldnerberatungen, der Inkassounternehmen und der Anwaltschaft sowie der Wissenschaft erforderlich.
  2. Die Vorschläge des institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) sind reine Meinungsäußerungen des iff. Weder sind sie durch den Gutachtenauftrag des BMJV gedeckt, noch sind sie Teil des wissenschaftlichen Gutachtens. Sie sind lediglich im Bericht zum Gutachten enthalten und versuchen dadurch den Eindruck zu vermitteln, Ausfluss wissenschaftlicher Arbeit im Rahmen des Evaluierungsauftrags zu sein. In der Sache begründen die Vorschläge keinen verfassungsrechtlich notwendigen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Denn das iff stellt fest, dass Inkassounternehmen die Informationspflichten (§ 11a RDG) ebenso einhalten wie den gesetzten Rahmen (§ 4 Abs. 5 RDGEG) für Inkassokosten. Ob dieser Rahmen aufwandsgerecht ist, wird für die einzig problematisierten Kleinforderungen weder untersucht noch beurteilt. Es wird allein ein optisches Missverhältnis zwischen Hauptforderung und Kosten beklagt. Dass Inkassounternehmen jedoch vielfach mit „Sozialtarifen“, d.h. mit Geschäftsgebühren unterhalb des nach § 4 Abs. 5 RDGEG mit § 14 RVG zulässigen Gebührensatzes, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen, wird nicht untersucht und dargelegt.
  3. Der Evaluierungsbericht leidet an massiven methodischen und inhaltlichen Mängeln. Er beruht auf verzerrten und nicht repräsentativen Daten. Der BDIU hat Prof. Dr. Walter Krämer vom Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik der Technischen Universität Dortmund damit beauftragt, den iff-Bericht zu überprüfen. Prof. Krämer kommt zu dem eindeutigen Befund, dass entgegen dem Evaluierungsauftrag keine Veränderung, sondern ein angeblich unzureichender IST-Zustand beschrieben wird, der mit vermeintlichen Trendaussagen vermischt wird. Zudem wird die Untersuchung auf Zeiträume erstreckt, in denen das GguG in Teilen noch überhaupt nicht galt. Die Grundprinzipien der empirischen Datenerhebung, insbesondere die Definition der Grundgesamtheit, die belastbare Ziehung von Stichproben mit der Beschreibung der Ungenauigkeiten und die Beachtung der statistischen Anforderungen bei der Erstellung eines Fragebogens, werden verletzt.
  4. Mit dem institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) wurde ein Institut mit der Evaluierung beauftragt, gegen das leider der Einwand der Besorgnis der Befangenheit zu erheben ist. Dieser ergibt sich unter anderem aus den einseitigen Verbindungen zu den Verbraucherzentralen, der Beteiligung des Arbeitskreises Inkassowatch sowie eines rechtlichen Berichterstatters aus diesem Netzwerk, der Abweichung vom Untersuchungsauftrag und der mangelnden Zusammenstellung und Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte aller Akteure, insbesondere der Wirtschaft, der Anwaltschaft und der Inkassounternehmen sowie der ihre Verbindlichkeiten vertragsgemäß erfüllenden Verbraucher.