Verbraucherkredit-Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht
Die Richtlinie über Verbraucherkreditverträge wurde am 30. Oktober 2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Den Richtlininentext in der deutschen Fassung finden Sie als PDF hierneben zum Download.
Zuvor hatte der Rat der EU die Einigung im Trilogverfahren formell angenommen, dazu hat der Rat eine Erklärung des spanischen Verbraucherministers veröffentlicht. Die Richtlinie muss nun innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.
Verbraucherkreditverträgen im Sinne der Richtlinie sind Verträge, bei denen ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfen gewährt oder zu gewähren verspricht (Artikel 3 Nr. 3 der Richtlinie).
Damit werden nun auch solche Kredite von der Richtlinie erfasst, die zuvor aufgrund der geringen Kredithöhe, der geringen Kreditkosten oder kurzer Kreditlaufzeit ausgenommen waren.
Der Anwendungsbereich umfasst:
- Verbraucherkredite von weniger als 200 Euro,
- kostenfreie Kredite (Zinsen und Gebühren), weitestgehend unabhängig vom Finanzierungsmodell,
- über Kreditkarten finanzierte kurzfristige Kredite (Guthabenkarten/Delayed Debit Cards),
- unterschiedliche Formen des Leasings, auch bei mietähnlicher Gestaltung.
Insgesamt werden nun Zahlungsaufschübe, die Verbrauchern zugutekommen, recht umfassend als Verbraucherkredite angesehen. Ausgenommen sind lediglich solche Zahlungsaufschübe, bei denen ein Warenlieferant oder Dienstleistungserbringer dem Verbraucher Zeit einräumt, um eine Ware oder Dienstleistung zins- und gebührenfrei zu zahlen. Diese Ausnahme gilt jedoch nur soweit kein Dritter, wie etwa bei vielen „Buy-Now-Pay-Later“-Modellen, einen Kredit für die Ware oder Dienstleistung anbietet und die Zahlung dann innerhalb eines begrenzten Zeitraums von 50 Tagen nach Lieferung der Ware oder Erbringung der Dienstleistung vollständig zu leisten ist (Erwägungsgrund 17).
Für Verbraucherkredite bzw. für deren Anbieter im Sinne der Richtlinie gelten dann eine Reihe von Pflichten. Bemerkenswert sind etwa die Vorgaben zur Kreditwürdigkeitsprüfung (Kapitel IV bzw. Artikel 18 ff. der Richtlinie). Verbraucherkredite werden hier mit Blick auf das Schutzniveau den Wohnimmobilienkrediten angeglichen. Der Maßstab für die Kreditwürdigkeitsprüfung wird verschärft. Kredite sollen nur noch bei einer guten Zahlungsprognose vergeben werden.
September 2023: Beschluss des Parlaments
Das Europäische Parlament hat die Verbraucherkreditrichtlinie (Consumer Credit Directive, CCD) am 12. September 2023 beschlossen.
Die sieht ein EU-weit geltendes, höheres Verbraucherschutzniveau für Kreditverträge vor. Kreditgeber und Kreditvermittler werden an weitgehende Sorgfalts- und Informationspflichten gebunden, auch die Anbieter von „Jetzt kaufen, später bezahlen“-Modellen sind ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Richtlinie aufgenommen worden.
Die Abgeordnete Svenja Hahn (Renew Europe) sagte zur Entscheidung des Parlaments, dass ein Aus für den Rechnungskauf in letzter Minute verhindert werden konnte. Der Text der Richtinie wurde im Parlament ergänzt durch die Möglichkeit für Mitgliedstaaten, Bestimmungen in Bezug auf Werbung, vorvertragliche Informationen und vertragliche Informationen auszuschließen, um eine unnötige Belastung für Kreditgeber zu vermeiden.
Mai 2023: Abschluss der Trilogverhandlungen
Die Trilogverhandlungen über die Consumer Credit Directive (CCD) wurden Ende April 2023 abgeschlossen. Das Dokument mit dem vereinbarten Kompromissen finden Sie hierneben.
Der vom Parlament geforderte neue Artikel 36a wurde im Laufe der Trilog-Verhandlungen wieder aus dem Entwurf heraus genommen. Die jetzige Einigung sieht demzufolge keinerlei Regelungen in Bezug auf Inkassodienstleistungen ("debt collection") mehr vor - ein Erfolg für die Inkassobranche, die in Brüssel von unserem Dachverband FENCA vertreten wird.
Nun steht die technische Bearbeitung der Richtlinie an, sie soll der Vorausschau zufolge am 11. September 2023 im Europäischen Parlament verabschiedet werden.
August 2022: Trilog-Verhandlungen
Im Juli 2022 hat der federführende Ausschuss des Europäischen Parlaments eine Kompromiss-Liste von Änderungsvorschlägen beschlossen, mit dem das Parlament nun in die Trilog-Verhandlungen geht.
In diesem Kompromiss sind die zuvor vorgesehenen Verhaltensregeln für Inkassounternehmen erheblich entschärft worden: Nach wie vor soll ein zusätzlicher Artikel 36 a in die Verbraucherkreditrichtlinie eingefügt werden, mit dem Regeln für Inkassounternehmen vorgesehen werden. Jedoch sind diese Vorgaben an Mitgliedstaaten nun Soll-Vorschriften ("Member States shall..."); vorgesehen sind insbesondere das Verbot der Einschüchterung von Verbrauchern und das Verbot von übermäßigen Anrufen oder Benachrichtigungen.
Die Regeln des Code of Conducts des BDIU gehen schon jetzt weiter als die im aktuellen Entwurf für die Änderung der Verbraucherkreditrichtline geforderten Regelungen.
Februar 2022: Berichtsvorschlag mit Verhaltensregeln für Inkassounternehmen
Die EU-Kommission hat im Juni 2021 einen Vorschlag für eine neue Verbraucherkreditrichtlinie vorgelegt, der zurzeit im Parlament beraten wird. Im Vorschlag der Kommission geht es zunächst vor allem um eine Modernisierung der bestehenden Verbraucherkreditrichtlinie; etwa um die Berücksichtigung der Möglichkeit der Online-Vergabe von Krediten, von Plattformen für besondere Kredite (Crowdfunding-Angebote) und auch um die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern. Auch hinzugekommene Anforderungen der DSGVO mussten berücksichtigt werden.
Im Parlament befasst sich zurzeit der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz mit dem Vorschlag der Kommission. Berichterstatterin ist Kateřina Konečná (Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament - GUE/NGL). Sie hat jetzt einen Berichtsvorschlag vorgelegt, mit dem der Richtlinienvorschlag der Kommission geändert und ergänzt werden soll.
Die Vorschläge des Parlaments sehen ein höheres Maß an Verbraucherschutz vor. Beispielsweise soll das Diskriminierungsverbot auf Nebenleistungen der Verbraucherkreditvergabe wie etwa der Kreditversicherung ausgedehnt werden. Die Kommission hat vorgesehen, dass Verbraucher darüber informiert werden müssen, wenn sie aufgrund von Profiling ein personalisiertes Angebot erhalten - aus dem Parlament kommt der Vorschlag, auch die Notwendigkeit der Zustimmung zum personalisierten Angebot vorzuschreiben.
Der Kommissionsentwurf sieht mit Artikel 36 die Pflicht für Mitgliedstaaten vor, Schuldnerberatungsdienste für Verbraucher zur Verfügung zu stellen. Das Parlament möchte diesen Artikel erweitern durch Vorgaben, wie Schuldnerberatungen registriert und auf Qualität geprüft werden sollen. Zusätzlich wird aus dem Parlament eine Verpflichtung für Mitgliedstaaten angeregt, Verhaltensregeln für Inkassounternehmen („debt collectors“) zu definieren:
"Article 36a
Debt collection
Member States shall adopt a list of actions that debt collectors are prohibited from employing when dealing with consumers in relation to the debt collection process. Those practices shall constitute harassment and shall be associated with dissuasive fines and criminal charges, depending on the practice. That list shall include at least:
(a) misleading the consumer, including through improper legal threats or providing other misleading information;
(b) sending excessive numbers of dunning letters, phone or other reminders; including automatic messages and messages generated by any technology operated without human intervention;
(c) omitting to deduct previous payments from the requested amount;
(d) sending stigmatising or intimidating communications;
(e) contacting persons other than the consumer including the consumers’ relatives, friends, neighbours and colleagues;
(f) contacting consumers at inappropriate times or places, including during working hours and at the workplace;
(g) charging fees and penalties to consumers that exceed the costs directly related to the management of the debt. Telephone calls to the consumer by credit servicers shall be systematically recorded, subject to the consumer’s prior consent."
Artikel 39 des Richtlinienentwurfs der Kommission soll die Forderungsabtretung regeln: Wenn die Ansprüche des Kreditgebers aus einem Kreditvertrag an einen Dritten abgetreten werden oder der Kreditvertrag selbst an einen Dritten abgetreten wird, müssen bestimmte Rechte erhalten bleiben. Als Zessionar werden ausdrücklich "Kreditversicherer, ein Inkassobüro, ein Rediskont- oder Securitization-Unternehmen" aufgeführt. Aus dem Parlament kommen zu diesem Artikel Vorschläge zur Erweiterung der Informationspflichten.
Weiterer Gesetzgebungsprozess
Als nächstes steht nun die Abstimmung im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) an, mit der über Änderungsvorschläge entschieden wird. Danach muss im Trilog-Verfahren ein Konsens zwischen Parlament, Rat und Kommission hergestellt werden, ehe die Richtline Gültigkeit erlangen kann.
30. Juni 2021: EU-Kommission legt einen Vorschlag für eine neue Verbraucherkreditrichtlinie vor
Mit der Überarbeitung der Verbraucherkredit-Richtlinie von 2008 will die Kommission sicherstellen, dass Informationen zu Krediten klar sein und den digitalen Geräten entsprechen müssen. Verbraucher sollen verstehen können, was sie unterschreiben. Darüber hinaus soll die Richtlinie die Vorschriften verbessern, mit denen die Kreditwürdigkeit bewertet wird, d. h. ob ein Verbraucher in der Lage sein wird, den Kredit zurückzuzahlen. Damit soll vorsorglich einer Überschuldung begegnet werden. Ebenfalls Bestandteil des Entwurfs ist die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, die Vermittlung von Finanzwissen zu fördern und dafür zu sorgen, dass Verbrauchern Schuldnerberatung zur Verfügung gestellt wird.