Update Juni 2025: Allgemeine Ausrichtung des Rates
Der Rat für Justiz und Inneres hat am 12. Juni 2025 seine allgemeine Ausrichtung zur geplanten EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts verabschiedet.
Ziel dieses Richtlinienvorschlags ist es, die nationalen Insolvenzregelungen der EU-Mitgliedstaaten einander anzunähern, um die Europäische Union für grenzüberschreitende und ausländische Investoren attraktiver zu machen. Derzeit bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Insolvenzordnungen der Mitgliedstaaten, was Investitionen erschwert, rechtliche Unsicherheiten erzeugt und zu höheren Kosten führt.
Ein zentrales Element des Vorschlags ist die Einführung eines so genannten Pre-Pack-Verfahrens in den EU-Mitgliedstaaten. Dabei wird der Verkauf eines Unternehmens oder von Teilen davon bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorbereitet, um ihn unmittelbar danach rasch umzusetzen. Wesentliche Verträge sollen automatisch und ohne Zustimmung der Vertragspartner auf den Käufer übergehen können – mit Schutzmechanismen zur Wahrung der Vertragsfreiheit. Zudem sollen unter bestimmten Bedingungen verpflichtend Gläubigerausschüsse eingerichtet werden, um die Mitwirkungsrechte der Gläubiger zu stärken.
Weitere Regelungen der Richtlinie betreffen unter anderem Maßnahmen zur Sicherung der Insolvenzmasse, Pflichten von Geschäftsleitern zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags sowie erhöhte Transparenzanforderungen. Zu diesen Punkten hatte sich der Rat bereits im Dezember 2024 auf eine gemeinsame Position geeinigt.
Auf Grundlage der beschlossenen Position kann der Rat im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über den endgültigen Gesetzestext beginnen. Ein Inkrafttreten der Richtlinie wird für das Jahr 2026 angestrebt.
Juli 2024: Positionierung deutscher Spitzenverbände
Nach den Wahlen zum Europäischen Parlament werden die Ausschüsse neu konstituiert und die Berichterstatter neu benannt. Mit Blick auf die dann wieder anlaufende Befassung der Ausschüsse des EP mit dem Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung des Insolvenzrechts haben mehrere deutsche Spitzenverbände auf mögliche negative Auswirkungen einer umfassenden Harmonisierung des europäischen Insolvenzrechts hingewiesen.
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), dessen Mitglied der BDIU ist, warnt insbesondere vor einer Beschränkung der Rechte der gesicherten Gläubiger. Die Vollharmonisierung des Insolvenzrechts wird das Insolvenzrisiko nicht ausschalten können. Demgegenüber sind die Nachteile einer unbedachten Harmonisierung des Insolvenzrechts für die Transformation der deutschen Wirtschaft greifbar nah.
Zum gemeinsamen Statement der Spitzenverbände
Februar/März 2023: Richtlinienvorschlag der Kommission
Die Europäische Kommission möchte mit einer neuen Richtlinie das Insolvenzrecht innerhalb der EU weiter harmonisieren. Mit der Initiative soll ein Beitrag zur Vollendung der sogenannten Kapitalmarktunion geleistet werden. Durch die Angleichung ausgewählter Bereiche des Insolvenzrechts sollen Hemmnisse beseitigt werden, die sich aus den Unterschieden in den nationalen Regimen sowie teils unzweckmäßigen oder ineffizienten Insolvenzregelungen für den (insbesondere auch grenzüberschreitenden) Kapitalfluss ergeben.
Der Vorschlag enthält Vorgaben zum Insolvenzanfechtungsrecht, indem er Grundvoraussetzungen und Rechtsfolgen für die Insolvenzanfechtung festlegt (Art. 4 bis 12 des Vorschlags).
Die Rückverfolgung und -gewinnung von massezugehörigem Vermögen soll erleichtert werden (Art. 13 bis 18 des Vorschlags). Hierzu soll der (insbesondere auch grenzüberschreitende) Zugang zu diversen Vermögensregistern wie namentlich den nationalen Bankkontenregistern, den Registern wirtschaftlicher Eigentümer sowie den Vermögensregistern verbessert werden.
Es soll ein Verfahrensrahmen geschaffen werden, der eine zügige Veräußerung von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen aus der Insolvenzmasse ermöglicht (sog. „pre-pack sales“, Art. 19 bis 35 des Vorschlags). Die Veräußerung soll im Rahmen eines Vorverfahrens vorbereitet und unmittelbar nach Verfahrenseröffnung umgesetzt werden.
Der Vorschlag sieht Regelungen zur Bildung und Arbeitsweise von Gläubigerausschüssen vor (Art. 58 bis 67 des Vorschlags), die nicht in jeder Hinsicht den Regelungen des geltenden deutschen Rechts entsprechen.
Die wesentlichen Elemente des jeweiligen nationalen Insolvenzrechts sollen in standardisierten Informationsblättern zusammengefasst und veröffentlicht werden (Art. 68 des Vorschlags). Hierdurch sollen insbesondere in grenzüberschreitenden Kontexten die Kosten der Informationsbeschaffung gesenkt werden.